PASSUGGER GESCHICHTEN | № 3
Hinter der Kamera
Leicht macht es sich der Mann nicht. Der Hamburger Fotograf Johann Cohrs ist Spezialist für das Abbilden von Flüssigkeiten. Aber er mag es nicht, wenn diese ausser Form geraten. Also drückt er erst auf den Auslöser seiner Kamera, wenn er das Motiv aufgeräumt hat. Aufräumen im Corhs’schen Universum heisst vor allen: Den Flüssigkeiten Struktur verleihen — Verläufe, Durchsichten, auch mal Kanten.
So auch bei den Fotos, die er im Januar 2017 für Passugger kreiert hat (die Motive auf dieser Website). «Ich wollte das Pure und Schöne des Wassers abbilden», sagt er. «Meine Ambition war, das Wasser als solches erkennbar zu machen, ihm aber eine Ästhetik zu verleihen, die meinen persönlichen und künstlerischen Anforderungen entspricht.»
Cohrs, Jahrgang 1981, sitzt in seinem Hamburger Studio und erzählt, wie es zu seiner Arbeit für Passugger gekommen ist. Es stimme schon, mit Flüssigkeiten kenne er sich gut aus und die Arbeit mit liquiden Stoffen fasziniere ihn. Dass er mit Elementen, die keine festen Grenzen haben, so gut umgehen kann, die Geduld und Detailverliebtheit, die es erfordert, sie optisch einzufangen, liegt wohl aber auch an seinem Charakter. Cohrs beschreibt sich selbst als perfektionistisch, als jemand, der grossen Wert auf Qualität legt, als hinterfragend. Aber auch als jemand, der «irre Spass» an seiner Arbeit hat. Man glaubt es ihm, noch bevor er erwähnt, sich bereits in der elften Klasse ernsthaft mit Fotografie auseinandergesetzt zu haben. Das Fotografieren zum Beruf zu machen, sei trotzdem nicht von vornherein festgestanden.
Lange hat er sich auch vorstellen können, Architekt zu werden. Diese Affinität ist in seiner Arbeit unverkennbar und spiegelt sich auch in den Erwartungen, den Anforderungen, die er an sich selbst stellt. Auf die Frage, worin er sich von anderen Fotografen unterscheide, antwortet Cohrs nach kurzem Nachdenken: «Durch meine klare, reduzierte Bildsprache. Meine Arbeit zeigt das Wesentliche. Sie ist nicht werberisch.» Den letzten Begriff apostrophiert er mit seinen Fingern; er weiss, das ist keine fest umrissene Kategorie. Dann schiebt er nach «ich bin leise und fleissig».
Seine Inspiration? «Alles, was ich zu sehen bekomme. Kunst, Design. Und immer wieder Formen. Ich nehme überall Formen wahr. Gitter in der Strasse, ein Zaun, Türen in der U-Bahn.»
Doch zurück zu seiner Arbeit für Passugger. Erst habe er sich zusammen mit der Art-Direktion überlegt, die Passugger-Motive rau und spritzig anzulegen. «Das war unsere erste Assoziation mit Mineralwasser aus den Bergen Graubündens.» Die längere Auseinandersetzung mit dem Unternehmen habe aber zu einer Abkehr von dieser Idee geführt. «Der Rückkauf, überhaupt die Firmenphilosophie…», sinniert er. «Die schönen, hochwertigen Flaschen. Die entsprechen ganz meiner Vorstellung von gutem Produktdesign.» So habe man sich «für den ruhigen und weichen Ansatz» entschieden, den wir kennen.
Entstanden sind die Motive im Licht von Lampen der Schweizer Firma Broncolor; Cohrs schwört darauf. Genauso wie auf seine Kamera — eine dänische Phase One. Bewegt hat er das Wasser für seine Motive mit Druckluft. Aus einem Kompressor, mit dem er lange laboriert hat. «Ich wollte einfach unbedingt diese homogene Durchsicht erreichen», erklärt er. Später wird er noch ausführen, dass er neben seinem Fotostudio eine Werkstatt hat, in der er extensiv mit Materialien und ihren Aggregatzuständen experimentiert, bevor er sie vor die Kamera bringt.
Leicht macht es sich der Mann nicht.